Wir alle sind bestrebt, das Beste für die Kinder als Individuen zu erreichen und möchten unseren Beitrag für die Gesellschaft leisten. Um unnötige Arztbesuche in der Kinder- und Jugendarztpraxis zu vermeiden, möchten wir an dieser Stelle häufige Missverständnisse aufklären und den aktuellen Stand der Medizin und Vorgehensweisen darstellen. Dabei beziehen wir uns auf Handlungsanweisungen der DGPI (Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie) und des RKI (Robert-Koch-Institut) und stehen in engem Austausch mit dem Olgahospital und dem Gesundheitsamt Stuttgart. Für mehr Hintergrundinformationen verweisen wir auf "The WHO AWaRe (Access, Watch, Reserve) antibiotic book".
Zusammengefasst möchten wir betonen, dass wir Antibiotika gezielt und differenziert einsetzen möchten. Ein automatischer Einsatz bei Diagnosen wie Bindehautentzündung, Mittelohrentzündung,
Mandelentzündung bzw. Streptokokken oder Scharlach sollte vermieden werden. Es ist zunächst nicht zwingend notwendig, zwischen viralem und bakteriellem Infekt zu unterscheiden, da beide
selbstlimitierend verlaufen können und nicht unbedingt behandelt werden müssen.
Ein Ausschlag allein bei sonst gutem Allgemeinzustand ist nicht zwingend besorgniserregend, wenn das Kind gemäß STIKO-Empfehlungen geimpft ist und somit Schutz gegen Masern, Röteln und Windpocken
hat.
Wir empfehlen, Rötungen und Ausschläge bei sonst unauffälligem Kind zunächst unbehandelt zu lassen und bitten darum, keinen Ausschluss aus der Gemeinschaftseinrichtung zu fordern, solange kein
Fieber vorhanden ist, der Allgemeinzustand gut ist und das Kind vor allem keinerlei Beschwerden hat. Eine ärztliche Konsultation kann jederzeit nach Ermessen der Eltern erfolgen, sollte jedoch
nicht von der Gemeinschaftseinrichtung verlangt werden.
Bei einem kranken Kind empfehlen wir, dass Kinder grundsätzlich nach 24 Stunden Beschwerdefreiheit wieder in die Gemeinschaftseinrichtung zurückkehren können, wenn folgende Bedingungen erfüllt
sind: 1. mindestens 24 Stunden fieberfrei, 2. guter Allgemeinzustand und 3. das Kind wäre heute in der Lage gewesen, die Einrichtung zu besuchen und darf somit morgen gehen. Eine Beurteilung
durch einen Kinderarzt ist nicht erforderlich, da Eltern den Zustand ihres Kindes selbst einschätzen können. Die gesetzlichen Bestimmungen in Baden Württemberg finden sich im Hygieneleitfaden
Kindertagesbetreuung 2019 in den Kapiteln 5.3.6 Wiederzulassung, ärztliches Urteil, Attest und 5.3.7 Übersicht gesetzlicher Vorschriften nach § 34 IfSG und weitere Hinweise. Hieraus
wird ersichtlich, dass nur vereinzelte spezifische Infektionserkrankungen eines ärztlichen Attests bedürfen, zu denen die üblichen KiTa-Infektionen sicherlich nicht gehören.
Die meisten Kinder, die uns vorgestellt werden, haben verklebte Augen, welche eventuell ein wenig gerötet sind. Die Kinder haben häufig zusätzlich etwas Husten und Schnupfen, sind allerdings in der Regel sonst beschwerdefrei. Dieser Umstand wird schön beschrieben durch den Begriff des Augenschnupfens, der genauso behandelt werden kann wie der Nasenschnupfen. Ansteckender ist er auch nicht.
Auch die klassische eitrige Konjunktivitis (Bindehautentzündung) wird in der Regel unbehandelt gelassen und ein Ausschluss aus der Gemeinschaftseinrichtung wird nicht per se gefordert, solange kein Fieber vorhanden ist und der Allgemeinzustand gut ist. Eine ärztliche Vorstellung kann jederzeit nach Ermessen der Eltern erfolgen, sollte allerdings nicht durch die Gemeinschaftseinrichtung gefordert werden. Wir stützen uns auf die Empfehlungen "Antibiotische Therapie in der ambulanten Pädiatrie" (Herausgeber: AG „Antibiotic Stewardship (ABS) (ABSaP); AnTiB, BVKJ, DGPI):
Bezüglich der Hand-Fuß-Mund-Krankheit möchten wir ein einheitliches Vorgehen bestreben nach dem Merkblatt unseres Berufsverbands, worin es unter anderem heißt:
„… Daher ist es sachgemäß, auch mit der Hand-Fuß-Mund-Krankheit in dem Kindergarten so umzugehen wie mit den allermeisten nicht meldepflichtigen anderen Krankheiten: Ein Kind, das sich akut krank fühlt, gehört nicht in die KiTa, sondern sollte daheim betreut werden, bis es einen Tag lang gesund war. Dies beurteilen die Eltern (ggf. zusammen mit den Erzieherinnen). Die Eltern können sich bei Bedarf vom Arzt zur Krankheit ihrer Kinder beraten lassen. Bescheinigungen für Ansteckungsfreiheit etc. können selbstverständlich nicht ausgestellt werden, da sie aus oben genannten Gründen nie sachgerecht wären. Sich gesund fühlende Kinder mit ein paar Punkten brauchen nicht dem Arzt vorgestellt werden mit der Frage, ob denn eine Hand-Fuß-Mund- Krankheit vorliege. Sie müssen auch nicht heimgeschickt werden, sondern können weiter mit den anderen Kindern den Kindergartenalltag genießen! Es gibt keine Meldepflicht.“
Die bakterielle Mandelentzündung, die sich häufig durch starke Halsschmerzen ohne virale Symptome (Husten, Schnupfen, gerötete Augen) bemerkbar macht und oft mit vergrößerten Halslymphknoten und Fieber einhergeht, kann durch Streptokokken A verursacht sein. Wenn zusätzlich der klassische Ausschlag auftritt, sprechen wir von Scharlach. Bei Kindern unter 3 Jahren treten Streptokokkenangina oder Scharlach in der Regel nicht auf. Eine antibiotische Therapie ist auch bei Nachweis der Erreger grundsätzlich nicht zwingend erforderlich. Die Indikation sollte individuell und abhängig vom Schweregrad der Erkrankung entschieden werden.
Aus den Empfehlungen für die Wiederzulassung zu Gemeinschaftseinrichtungen gemäß § 34 Infektionsschutzgesetz (Stand: 09.03.2023):
Ein Abweichen von der 24-Stunden-Regelung würden wir bei der Gastroenteritis mit eindeutig Erbrechen/Durchfall im Vordergrund vorsehen, da die Empfehlungen des RKI hier 48 Stunden verlangen. Der Verdacht auf eine infektiöse Gastroenteritis besteht bei mehrmaligem Erbrechen oder Durchfall, sofern andere Gründe, z.B. Allergien, Unverträglichkeiten oder Grunderkrankungen, als Auslöser ausgeschlossen werden können.
Aus den Empfehlungen für die Wiederzulassung zu Gemeinschaftseinrichtungen gemäß § 34 Infektionsschutzgesetz (Stand: 09.03.2023):
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